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Wunsch vs. Wirklichkeit

Bevor ich damals anfing zu züchten hatte ich tatsächlich die Vorstellung, ich könnte reihenweise kerngesunde Hunde züchten, wenn ich nur genau genug schauen und selektieren würde. Ich wollte so sehr, dass Menschen einen Hund bekommen könnten, der ihnen, zumindest in gesundheitlicher Hinsicht, keinen Kummer bereiten müsste.
Heute weiß ich, dass das nur Wunschdenken war und ist, denn allen Bemühungen zum Trotz lässt sich leider nicht alles kontrollieren und vorhersagen.

Als ich das erste Mal die Nachricht erhielt, dass eine meine Nachzuchten ein gesundheitliches Problem hatte, hat mich das sehr getroffen. Und auch heute noch trifft es mich, egal ob es um eine Allergie geht, um Harngries/-steine oder etwas anderes.
Mir tun die Hunde leid und natürlich auch ihre Besitzer, ich überlege, ob ich etwas hätte anders machen können, ob es sich hätte vermeiden lassen. Die Antwort ist leider immer die Gleiche: Nein, hätte ich nicht, denn jeder Wurf ist nach bestem Wissen und Gewissen geplant.
Zwar ist nicht jede Erkrankung erblich bedingt, aber wenn es einem Zögling schlecht geht spielt das für mich keine Rolle. An jedem einzelnen von ihnen hängt mein Herz, sie bleiben eben immer “meine Welpen” und ich möchte, dass es ihnen gut geht und sie ein schönes Leben führen können.

Vor einiger Zeit schrieb mir eine Dame per E-Mail, dass sie sich eventuell für einen Welpen von mir interessierte. Sie schrieb auch, dass sie anfangs durchaus irritiert war, als sie meine Nachkommenseite durchschaute und sah, dass ein paar Hunde keine einwandfreie Gesundheit haben.
Bei der gängigen Praxis, in der kranke Hunde von den Züchtern selten oder gar nicht erwähnt werden kann ich das gut verstehen.
Ein paar Züchter gehen nach außen hin offen mit Problemen um, die meisten jedoch nicht. Dies vermittelt Außenstehenden den Eindruck einer sauberen und heilen Zuchtwelt, die es in diesem Ausmaß jedoch nicht gibt.
Ich könnte auch einfach ein paar tolle Fotos meiner Nachzuchten online stellen, noch den Namen und das Geburtsdatum dazu und den Rest einfach weglassen. Ohne negative und unangenehme Details würde es hübsch aussehen!

Mein Wunsch nach möglichst vielen wirklich gesunden Hunden besteht nach wie vor und ich tue mein Bestes dies zu erreichen. Aber die Wirklichkeit sieht so aus, dass ich auch bei bester Auswahl und monatelangen theoretischen Planungen keine 100% gesunden Hunde garantieren kann. Niemand kann das, denn es sind immer noch Lebewesen.

Manche werden sich nun sicher fragen welchen Sinn es dann hat überhaupt zum Züchter zu gehen.
Ein Züchter, der seine Hunde vor dem Zuchteinsatz auf diverse Dinge untersuchen/testen lässt (beim Dalmatiner z.B. das Hörvermögen, Hüfte, idealerweise auch Schultern und Ellbogen) und auch die allgemeine Gesundheit seiner Zuchthunde ehrlich und kritisch betrachtet, bietet den Vorteil, dass das Risiko für gewisse Erkrankungen oder Probleme zumindest minimiert werden kann.
Allerdings gibt es auch Krankheiten oder Defekte, auf die man nicht untersuchen lassen kann, weil es z.B. keinen Gentest dafür gibt. Insofern ist leider utopisch alles Erdenkliche vermeiden zu können, zudem spielen auch der Zufall der Genverteilung und Umwelteinflüsse eine große Rolle, auf die ein Züchter keinen oder nur sehr begrenzten Einfluss hat.